Die Stadt Wriezen verlor durch die preußische Bodenverbesserung ihre Fischgründe und den direkten Zugang zur Oder. Im 19. Jahrhundert versuchte man, durch den Ausbau des Landgrabens und die Anlage eines Hafenbeckens Anschluss an die Industrialisierung zu finden. Am Alten Hafen wurde 1860 eine Kalkbrennerei errichtet, deren Türme und die Fabrikantenvilla noch heute vom ehemaligen Wohlstand zeugen. Jetzt geht es mit Rückenwind auf dem Oderbruchbahn-Radweg direkt Richtung Oder. Du kommst am Dorf Neulietzegöricke vorbei, dem ältesten Kolonistendorf im Oderbruch. 1747 wurde der Dorfanger tiefer ausgeschachtet, um für die Häuser höhere Bauplätze zu gewinnen. Die Höfe der Groß-, Mittel- und Kleinkolonisten sind mustergültig zu einer Dorfstruktur verbunden. Auf dem Weg nach Zollbrücke passierst du eines der 35 Schöpfwerke im Oderbruch, die der Entwässerung der anliegenden Felder dienen. Die vier Propellerpumpen am Mahlbusen erzeugen eine Vorflut in den Mucker, einen alten Oderarm. In Zollbrücke angekommen, erwartet dich ein imposanter Blick über die Oder. Die einstige Brücke wurde mehrfach durch Eisgang zerstört und durch eine Fähre ersetzt. Fuhrwerke konnten diese durch eine Deichscharte erreichen, die bei Hochwasser geschlossen wurde.
Genieße nun die Fahrt auf dem Deich bis zur Eisenbahnbrücke Zäckerick/ Altrüdnitz. Sie gehörte zur 1892 eröffneten Bahnstrecke Wriezen-Jädickendorf (Godków) und war ein gewaltiges Bauwerk: 661,5 m lang, mit einem 113 m langen Zwischendamm. Seit 1930 diente sie als Straßenquerung, direkt daneben wurde eine neue Eisenbahnbrücke errichtet. Beim Rückzug der Wehrmacht wurden 1945 beide Brücken gesprengt. Die neuere reparierte man 1955 zu militärischen Zwecken. Nach ihrer Sanierung wurde sie 2022 als Europabrücke Bienenwerder für Fahrradfahrer und Wanderer geöffnet. Hier lohnt ein Abstecher auf die andere Flussseite. Weiter auf dem Deich gelangst du zum „Spitz“. Hier wurden lange Zeit Fischhaltebecken betrieben und Fischer boten frischen Räucherfisch an. Heute erinnern nur noch Spuren an diese einst wichtigste Wirtschaftsform des Oderbruchs.