Eine Zufallsreise kann eine elementare Erfahrung sein. In unserem Fall wird sie an diesem Tag jedoch zur Erfahrung mit einem Element. Und welcher Eintrag im Periodensystem könnte im Seenland Brandenburg – mehr als 3.000 Seen und 33.000 Kilometer Fließgewässer sprechen für sich – besser passen als H2O?
Aber der Reihe nach: Am Samstagmorgen begegnen wir dem feuchten Nass in Cottbus erstmalig an diesem Tag. Es fällt in feinen Fäden von Oben und wird gemeinhin als Nieselregen bezeichnet. Auf unsere Stimmung färbt der trübe Himmel jedoch nicht ab.
Die Würfel schicken uns zur Station „Teichland“, etwa 15 Kilometer nordöstlich von Cottbus. Die Ortsbezeichnung weckt unser Interesse, doch die Neugier schlägt kurzfristig in Skepsis um, als wir uns dem Halt nähern. Der Bahnsteig liegt einsam zwischen offenen Wiesen und Feldern. Sicherheitshalber erkundigen wir uns bei der Schaffnerin: “Ist hier schon mal jemand ein- oder ausgestiegen?“ „Na klar“, antwortet diese im breiten brandenburgischen Dialekt, „hier gibt’s doch die Sommerrodelbahn, den Aussichtsturm und den Erlebnispark Teichland.“
Wir stehen etwas ratlos am verlassenen Bahnsteig. Es strapaziert unsere Fantasie, sich in dieser abgelegen anmutenden Umgebung eine Sommerrodelbahn und einen Freizeitpark vorzustellen. Ein Blick in die Brandenburg App gibt jedoch Gewissheit: 15 Gehminuten entfernt, versteckt hinter einem Wäldchen, verbirgt sich der Erlebnispark Teichland. Nach kurzem Fußmarsch erreichen wir unser Ziel und steigen in den Bob der Rodelbahn: „Kannst nur rausfallen, wenn die Bahn nass ist“, versucht mich der Mann im Kassenhäuschen zu beruhigen, während er seine Regenjacke zuknöpft. Na dann!
Nach einer rasanten Abfahrt, dem anschließenden Irrlauf durch ein zum Erlebnispark dazugehöriges Hecken-Labyrinth und dem Besuch im slawischen Götterhain sitzen wir wieder in einem Waggon der Regionalbahn 11.
Die Oder ist hier unsere enge Begleiterin, während sich der Zug in nördliche Richtung nach Frankfurt schiebt. Von dort aus folgen wir den Gleisen nach Westen bis zum Haltepunkt „Fangschleuse“. Wasser scheint auch hier das beherrschende Element zu sein. Wir verschaffen uns am Bahnhof einen Überblick und wandern anschließend zum Ufer des Peetzsee nach Grüneheide. Dabei kreuzen wir das Löcknitztal, das der schon erwähnte Theodor Fontane als „das lieblichste Tal der Mark“ ausgezeichnet hat. Über 100 Vogel-, 23 Fisch- und weit über 450 Großschmetterlingsarten finden in diesem Naturschutzgebiet ein Refugium. Gerne hätten wir den Wanderweg durch das Tal eingeschlagen, doch die Füße brennen und die Uhr tickt. Der Biergarten am Ufer des Peetzsee verspricht dagegen Abkühlung – von Innen und Außen!
Nach dieser wohlverdienten Pause beginnt unser letzter Reiseabschnitt des Tages. Dabei touchieren wir Berlin am Bahnhof Ostkreuz – über das sich Fontane übrigens nie geäußert hat – und biegen von dort nach Norden ab. Grüneberg im Löwenberger Land heißt der ausgewürfelte Bahnhof. Der Name klingt unverdächtig und die Besichtigung des 1.200-Seelendorfes bestätigt diesen Eindruck. Wir zählen eine Kirche, zwei Frisöre und viele sehenswert angelegte Gärten. Zum letzten Mal an diesem Tag zieht es uns ans Wasser. Wir folgen der Seestraße zum Dreetzsee. Als wir auf den sandigen Pfad zum Ufer abbiegen wollen, warnt uns ein Nachbar: „Dit is n‘ Privatsee. Dit gibt Ärger mitm Besitzer, wenn der Euch sieht.“ Wir entscheiden uns für den geordneten Rückzug. Der Brandenburger mit dem großem Hund im Schlepptau wirkt überzeugend – und Wasser hatten wir heute eh genug.