Mit der Industrialisierung drohte Berlin gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus allen Nähten zu platzen. In den überfüllten Arbeiterquartieren breiteten sich immer wieder Seuchen aus. Deshalb beschloss der Berliner Asylverein kurz vor der Jahrhundertwende, in der Wiesenstraße ein Heim für Obdachlose und Bedürftige zu bauen. Mit ihrem 112 Meter tiefen Brunnen und eigener Stromerzeugung war die Einrichtung autark. Sie bot 700 Männern und ab 1907 auch 400 Frauen einen warmen und sauberen Schlafplatz mit höchsten Hygienestandards. Moderne Metallbetten gehörten ebenso zur Ausstattung wie Bade-, Dusch- und Desinfektionsmöglichkeiten und sogar eine eigene Wäscherei. Es waren die Bewohner selbst, die das 12.000-Quadratmeter-Gelände bald „Wiesenburg“ tauften. Zwar geriet der Asylverein zu Zeiten des Ersten Weltkriegs finanziell in Bedrängnis, aber das endgültige Aus kam erst 1933. Die Nationalsozialisten schlossen das damals von der jüdischen Gemeinde betriebene Asyl und nutzten die Gebäude für die Produktion von Parteifahnen und Rüstungsgütern. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Wiesenburg schwer beschädigt und nie wieder aufgebaut.